Komm mit in die Winterlandschaft. Hast du sie schon bewusst erlebt? Schnee liegt überall,
Raureif hat sich auf die Äste und Zweige gesetzt. Feingliedrig zeichnet sich jede
Tannennadel ab.
Zierlich wirkt dadurch der Ast oder Zweig, mehr als im Sommer. Am Ende der Tannennadel hat
sich ein Häubchen aus Schnee auf die Verdickung gesetzt. So hat jede Tannennadel ein
Mäntelchen an oder ein Mützchen auf. Jeder Ast der Sträucher hat sich warm angezogen.
Dicke Mäntel siehst du wohin du schaust. Man kommt sich vor wie im Märchen, zu Gast bei
Väterchen Frost, beschützt und geborgen. Keine frostige, eiskalte Atmosphäre, keine
kalten Wände im Eisschloß der Schneekönigin. Eine klare Luft ist in unserem Winterwald,
über ihm ein blauer Himmel, an dem die Sonne scheint. Ihre Strahlen treffen auf die Äste
und Zweige, die in voller weißer Pracht glitzern.
Aber auch hier gibt es Nuancen, vom starken Weiß im Schatten, glitzerndem Weiß, wo ein
wenig Sonne darauf fällt, durchscheinendem Weiß, wo die Sonne den Schnee oder Reif fast
geschmolzen hat und einen glitzernden Wassertropfen auf den Tannennadeln, in dem sich die
Sonne badet, hinterlassen hat.
An manchen Stellen sieht man das Grün der Tannennadeln, wo die Sonne ihre Macht
ausgekostet und gesiegt hat. Durch den Frost in der Nacht wird das alte Bild mit weißen
Mäntelchen und Häubchen auf den Tannenzweigen wieder hergestellt sein. Auf den Feldern
liegt der Schnee, Gräben umsäumen den Weg, die allerdings durch die Schneemassen nicht
zu sehen sind.
Wir haben keine Orientierung, wenn die Bäume und Sträucher uns nicht den Weg weisen. Sie
stehen in weißer voller Pracht und sind bei Nebel von der Umgebung nicht zu
unterscheiden. Bei blauem Himmel stehen sie wie weiße Riesen am Weg. Koniferen haben
große Schneehauben auf. Frost schließt sie dicht von der Winterlandschaft ab. Es ist,
als ob sie Winterschlaf halten. Ein paar Zentimeter greifen meine Finger in die
Schneehaube. Ich kann sie vom Strauch abheben. Wie vom Schlaf gestört, kann ich die
Tannenzweige sehen, die jetzt eine kahle Stelle durch den fehlenden Schnee haben.
Trotzdem befreie ich die Koniferen gern vom Schnee. Es macht mich neugierig, Sehnsucht
nach frischem Grün, nach Frühling entsteht. Die ersten Vögel werden ihn dann fühlen
und einzwitschern, unsere Boten des Frühlings, - die Zeit des Entstehens des Lebens.
Bist du mir durch die Winterlandschaft gefolgt? Hast du den blauen Himmel gesehn? Die
Nuancen des weißen Raureifs auf den Tannenzweigen beobachtet? Das Knistern der Äste
durch die Schneelast gehört? Dich an den Strahlen der Wintersonne erfreut? Die klare Luft
gespürt?
Atme ganz tief durch, entspanne dich und genieße den Winter in vollen Zügen.
(c) Karin Ziegler / Wuppertal
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